Phal:Angst – Phase IV (2018, Bloodshed666 Records)
„Bella gerant alii, tu felix Austria nube“ – bei der Vereinigung der Herrscherhäuser via Hochzeits-Sause bewiesen die Österreicher einst eine glückliche Hand, auch heute noch mag die ein oder andere wie auch immer geartete Fusion geschmeidig, gegenseitig befruchtend und Besitzstands-mehrend über die Bühne gehen – auch wenn hierzu kein Walzer getanzt wird, kann dieser Tage beim stilistischen Verheiraten von Electronica/Industrial und Postrock ein großer Wurf aus der Alpenrepublik vermeldet werden: Die Wiener Formation Phal:Angst ist seit Ende September in die „Phase IV“ ihrer auf Tonträger veröffentlichten Arbeiten eingetreten, mit den fünf ausgedehnt überwältigenden Sound-Exzessen, die sich alle um die zehn Minuten Laufzeit bewegen, plus zweier nicht minder exzellenter, etwas kürzer gehaltener Remixe liefert das Quartett aus der Donaumetropole knapp über eine Stunde eindringliche Experimental-Beschallung, die mit elektronischem Beat und Bass-lastiger Polterei zum Zucken im Club-Bunker einlädt und sich einhergehend als Klang-epischer Hörgenuss nachhaltig in die Hirnwindungen fräst.
Schneidende Postrock-Gitarren wagen eine ausgewogen gelungene Symbiose mit elektronischem Ambient, treibenden Trance-Flows, dunklen Industrial-Rhythmen und abstrakten Digital-Drones, man möchte fast zum Begriff „harmonisch“ neigen, wäre der Spirit des Albums nicht von einer zutiefst nachdenklichen, selten aufgehellten, tendenziell geradezu pessimistischen Grundstimmung durchdrungen. Der zusätzlich mit EBM- und Electro-Wave-, Kraut- und modernen Progressive-Elementen angereicherte, mit melancholischer, klagender Stimme besungene und durch ausgedehnte Spoken-Word-Samples unterlegte Stil-Mix entwickelt hypnotische Sog-Kraft, der sich schwer zu entziehen ist, der dunkle Flow arbeitet gründlich, die Grundmuster der Songs werden ergiebig, opulent ausstaffiert und permanent mutierend durchexerziert.
Der „Deadverse“-Remix der Nummer „Despair II“ des amerikanischen Experimental-Hip-Hopers Will Brooks aka MC Dälek nimmt sich durch flirrende, verhallte Postrock-Gitarren geradezu luftig aus im Kontext des Gesamtwerks, am kontrastreichsten wohl zum massiven, Endzeit-Visionen befeuernden Drone-/Industrial-/Doom-Schwergewicht „They Won’t Have To Burn The Books When Noone Reads Them Anyway“, das nicht nur im Titel Erinnerungen an finsterste Momente der deutsch-österreichischen Geschichte heraufbeschwört. Eine scharfe Anklage und offene Wunde, die in metallener Härte und ergreifender Spannung noch vom JK-Flesh-Remix von Justin Broadrick gesteigert wird, da haben sich die vier Wiener mit dem Godflesh-/Jesu-Multiinstrumentalisten und Industrial-Metal-/Experimental-Großmeister genau den richtigen Hawara für diesen Job angelacht, zentraler ins abgrundtief Schwarze hätten sie zu dieser Rekrutierung nicht mehr treffen können.
Auch wenn das Plattencover einen vernichtenden Absturz suggerieren mag, ist „Phase IV“ ein einziger, rauschhafter Höhenflug in Staunen machenden, selten hell, oft dunkel funkelnden Electro-/Postrock-Sphären, in einem musikalisch weit reichenden Kosmos etwa von Coil bis Russian Circles, um ein paar referenzielle Fixsterne ins Spiel zu bringen – oder wie der Wiener und auch die Wienerin immer so schön kurz und knapp anmerken: eh olles leiwand!
(***** ½)