https://www.musikansich.de/review.php?id=23924&fbclid=IwAR3mxy6qi0elsFCtGe4soBDITCs18QqsYtsbSUt58aXYBY8V-6fXR7bhJG0
Heute begebe ich mich in den Bereich Industrial/Post Rock. Denn so wird der Stil der Band aus Wien beschrieben. Es war 2006, als sich Phal:Angst formierte. Laut Pressetext verfolgt die Band mit Konsequenz und Lust am Sich-Weiter-Entwickeln ihre Vision von elektronischem Industrial und analogem Post Rock.
Whiteout ist ihr fünftes Album. Um noch einmal, einleitend, auf den Pressetext zurück zu kommen, so soll es keine Songs im klassischen Sinne geben, sondern zähflüssige, cinematographische Soundepen, die sich durch Stimmungen mäandern, oft dystopisch, melancholisch, aber auch hyperharmonisch mit romantischer Ader.
Im Klartext: so empfinde ich es: “whiteout”, der Starter, kann auf jeden Fall keine Angst verbreiten, vielmehr halte ich die Atmosphäre dieses Songs für eine eher mystisch-angenehme, und erst, wenn nach etwa vier Minuten ein hintergründig gehauchter Vokalpart auftritt, dann mag das ein wenig bedrohlich wirken. Aber das monotone Schlagzeug, der tupfende Pianosound und die den Sound bestimmende im Raum herumflirrende Gitarre lassen eher zum Träumen verleiten, ja, bis man dann nach gut fünfeinhalb Minuten aus demselbigen jäh gerissen wird, grungiger fetter Rocksound mit annähernd growlendem Gesang stört die Andächtigkeit dann doch.
Ach, wie soll ich diese ungewöhnliche Musik vergleichen? Da kommen allenfalls spontane Assoziationen, die jedoch zumeist nur ansatzweise zutreffen. So vernehme ich einige Passagen, die mich an Bands wie The Durutti Column, Nine Inch Nails, Chrome oder auch Sunn O))) denken lassen. Das ist jedoch nur ein grober Verweis. Denn die eigentlich sechs Songs der Platte wirken jeweils unterschiedlich auf mich. Allen gemein ist zunächst der Gesang, der kein typischer ist, im Dickicht des Klanghalls versteckt wird gemurmelt, gehaucht, gesprochen und nur manchmal gelingt es dem Sänger ph, sich nach vorn zu drängen.
Ansonsten empfinde ich als wichtiges Hauptmerkmal der Musik den Einsatz der Gitarre, die sich wacker und doch recht soundbestimmend gegen den Einsatz der Elektronik behaupten kann. Dumpfes Schlagzeug gibt ein Übriges, um Alles am Boden haften zu lassen.
”what a time to be alive”, folgender Text erreicht meine Ohren: Das Boot sackte wie ein Stein ab, ich dachte, mein Gott! So also ist das Sterben.. Dieser gesprochene Text beinhaltet eine interessante Geschichte, man sollte einmal gut zuhören. Rettung kam zum Beispiel durch ein Ein-Mann-Schlauchboot! Noch einmal schoß ich aus dem Wasser raus, und der instrumentale Druck steigt, der Song steigert sich, so sollte man sich nun einfach zurücklehnen und dem Sound folgen und innerhalb des verdichteten und wabernden Klangteppichs gern auch die harmonischen Passagen entdecken, solche, die zusammengefügt eine hypnotische Wirkung entfalten können.
So gesehen, empfinde ich so gar keine wesentliche Düsternis oder Bedrohlichkeit innerhalb der ersten sechs Songs. Um so etwas wirklich zu erfahren, sollte ich mir lieber den Drone-Doom-Sound von “Soused” genehmigen, gespielt von Scott Walker & Sunn O)))…
Doch es gibt ja noch zwei Boni, zwei Remixe , die “Lustmord-Version” von “unhinged” (Lustmord = Brian Williams) und den “Jarboe Remix” von “a tale of severance”. Beim ersten Song werden die Grundstrukturen übernommen, aber ansonsten scheint ein neuer Song entstanden zu sein, geprägt von Drones und Beats. Gesamtheitlich betrachtet, ist die Musik wirklich sehr ungewöhnlich, abseits bekannter Pfade und auf jeden Fall nicht leicht zu konsumieren. Aber abschrecken lassen sollte man sich auf keinen Fall, beinhaltet die Musik doch schöne Elemente, die zum Träumen, zum Wegfliegen und zum Fallenlassen veranlassen.
14/20
Wolfgang Giese
So bewerten wir:
00 bis 05 Nicht empfehlenswert
06 bis 10 Mit (großen) Einschränkungen empfehlenswert
11 bis 15 (Hauptsächlich für Fans) empfehlenswert
16 bis 18 Sehr empfehlenswert
19 bis 20 Überflieger